1. Objektive Daten
# Rechtsform: GbR zu dritt, wobei eine Person nicht Teil des Gärtnereiteams ist
# Fläche: 6ha, Kleegras, Pferde davon 2,6ha reines Gemüse
# Gärtner_Innenteam: 2 Gärtnerinnen, 3 Lehrlinge,
# Die Arbeitszeit etwa 40 Stunden
# Finanziert anonyme Bieterrunde , vorher offen(wie weit gehen die Gebote auseinander?)
# Versorgt 230 davon 100 aus Kommunen, 30 aus Abokiste
# Anteilsgröße: „ordentlich“
# Besteht seit 7 Jahren
# Organisation: Gastwerke als Verein besitzt Gelände, Konsenprinzip
Wurzelwerke GbR, Konsensprinzip mit Mitarbeitern
# Maschinisierung: Grundbodenbearbeitung zu 75 % mit Fendt Gt360 75PS, Pflanzen mit Elfer Deutz, Hacken & Häufeln und 15% der Grundbodenbearbeitung mit Pferd. Vorderwagen mit Hydraulik
# Bewässerung: Wasser aus Zisterne wird mit Traktor hoch gefahren zum Feld. Bewässerug im Tunnel mit Schirmregnern.
# Lagerung: Mantelkühlhaus, Auch die Kaufunger lagern hier ein. 800 Kohls
# Verteilstationen: mehrere in Kassel, eine in Kaufungen und Escherode
# Boden: eher tonig
# Azubis: 3
Eigene Eindrücke
Verteilung
Der Betrieb scheint mir einen ordentlichen Output an Gemüse zu produzieren. Durch die Kollaboration mit der Roten Rübe der Kommune Niderkaufungen können auch noch Kräuter und etwa 4 Eier pro Portion angeboten werden. Beide zusammen bilden die Solawi Kassel. Es wird zwei mal wöchentlich ausgefahren, wobei jedes Kollektiv einmal dran ist. Aufgrund der wenigen Kilometer Entfernung kann die jeweils andere Gärtnerei auf dem Ausfahrweg angefahren werden um die ergänzenden Produkte abzuholen. Produziert die Rote Rübe in einer Woche beispielsweise nicht eine ausreichende Zahl an Zucchini, kann die fehlende Zahl ggf. noch eingeladen werden. Bei der Lieferung ist so eine höhere Kontinuität möglich.
Solawi – Markt – Hofladen – Abokisten – Mischform
Mit dem Gemüse des Wurzelwerks wird nicht nur die Solawi bestehend aus einzelnen Abnehmern und den zwei Kommunen Niderkaufungen und Gastwerke versorgt, sondern auch der Hofladen und die Abokiste. Diese beziehen genauso Anteile wie die anderen Solawist@s. Zusätzlich wird auch ein bestimmter Teil der Jungpflanzen im Frühjahr auf einem Markt verkauft. Da die Gewinnmarge bei der Jungpflanzenproduktion deutlich höher ist als bei der Gemüseproduktion (so die Jungpflanzen für Preise zwischen 1,5€ und 3,50€ verkauft werden), kann das Budget der Solawi etwas entspannt werden. Im Bezug auf die Arbeitsbedingungen ist allerdings anzumerken, dass die saisonale Arbeitsspitze in der Jungfplanzenproduktion sich mit der Arbeitsspitze beim Pflanzen und Pflegen der (vor allem der Lager-) Gemüsekulturen bis zu ihrer Etablierung überschneidet.
Ein weiterer Aspekt ist für mich der Eindruck, dass sobald eine nicht kontinuierliche Vertriebsform – also eine nicht-Solawiform – in einem Betrieb existiert, Marktverhalten in den Betrieb einziehen muss. Um ein Beispiel zu nennen: Der Zwang gleichförmige(re)s Gemüse zu produzieren steigt und es werden z.B. Hybridsorten eingesetzt, oder Paprikas werden nicht bereits grün geerntet, sondern erst wenn sie rot sind, wodurch die Produktivität der Pflanze weniger gefordert wird. Eine geringere Erntemenge ist die Folge. Klar hat eine rote Paprika eine andere Qualität, aber diese ist abzuwägen gegenüber einem Vollversorgungsanspruch. Auch muss natürlich die einer Gärtnerei zur Verfügung stehende Gewächshausfläche in Betracht gezogen werden, die im Wurzelwerk so dekadent groß ist, dass die Folientunnel zum Unterstellen von Geräten oder zukünftigen Außenküchen dienen. Dies liegt daran, dass der Betrieb diese Gewächshäuser schon auf dem Gelände vorgefunden hat, da hier eine Forstversuchsanstalt war.
Erweiterung
In den beiden benannten Gärtnereien wurde gerade über ein weiteres Wachstum der Anteile auf 250 und die Hinzunahme weiterer Flächen bei einer weiteren Kommune in der Gegend entschieden. Dort ist auch unter anderem Milchviehaltung im Gespräch. Hier in der Solawi Kassel wird die Frage ob mehr einzelne Kollektive oder ein großer Zusammenschluss die Stadt versorgen sollen klar beantwortet, während in Leipzig bereits mindestens vier Solawis „nebeneinander“ existieren.
Auf beiden Seiten gibt es schlagkräftige Argumente. Beantworten lässt sich die Frage nur durch eine Festlegung von Prioritäten und Zwecken, die eine solidarische Landwirtschaft erfüllen soll.
Deswegen sind einige der Argumente, die ich im folgenden kurz aufliste für manche Projekte mehr, weniger, oder gar nicht relevant.
Pro Solawizusammenschluss und Monopolstellung
# Potentiell kann eine breitere Produktpalette angeboten werden
# der Ausgleich der Ausfälle einzelner Kulturen auf den einzelnen Höfen kann leichter vorgenommen werden (einzelne Solawis können sich auch austauschen, das erfordert aber mehr Kommunikation, ist aber bei der Roten Beete auch schon passiert)
# Konkurrenz zwischen Solawis um Mitglieder wird auf verschiedenen Ebenen verhindert: ökonomischer Wettbewerb, sozial/politisch
Contra Solawizusammenschluss
# Mitglieder können sich nicht entscheiden welchen Hof sie unterstützen wollen
# Die Verbundenheit zu einem einzelnen Projekt sinkt. Der Spruch:„Eine Gemeinschaft trägt einen Hof“ gilt dann nicht mehr.
# Vermutlich sinkt die Bereitschaft zur Mitarbeit der Mitglieder in den Projekten, bzw. das Verantwortungsbewusstsein der Mitglieder für einen Hof. (Mitarbeit von Mitgliedern ist bei den Wurzelwerken nur mit Kontinuität möglich, also ein ganz anderes Model solidarischer Landwirtschaft)
# Mitglieder müssen gleich mehreren Betrieben vertrauen, bei gleichzeitig höherer Anonymität
# Etats müssen von den Solawis zusammen aufgestellt werden
# Koordinierungsaufwand zwischen den Gärtnerteams/Landwirten entsteht.
# kollektive Entscheidungsstrukturen (so sie gewünscht/vorhanden sind und je nach Anspruch, z.B: Konsens oder Mehrheitsentscheidung) werden komplexer.
Stabilität des Mitgliederstamms
Die Solawi Kassel hat nach Gärtner Jürgen nur etwa 5% Wechsel pro Jahr. Interessant ist die Beobachtung, dass diese Wechsel vor allem in den großen Verteilstationen passieren. Jürgen führt dies auf die höhere Anzahl von Missverständnissen durch die größere Anonymität zurück.
Durch die Monopolstellung der Solawi Kassel ist natürlich ein Wechsel der Solawi nicht möglich.
Teamstabilität
zwei der GärtnerInnen des Gründungsteams sind seit 7 Jahren dort. Leider gab es bei den übrigen Teammitgliedern viele Wechsel. Klar ist, das in einer Organisation, bei der die Abläufe und Routinen schon klar sind, Neueinsteiger ersteinmal vor einer Wand bewährter Routinen zu stehen scheinen. Dies wird durch den Anspruch ein gleichberechtigtes Arbeitskollektiv sein zu wollen noch schwieriger zu akzeptieren. Aus der Perspektive der Alteingesessenen (vor allem wenn es sich auch noch um GründerInnen handelt) ist die Bereitschaft ein running system zu verändern erstmal gering.
Denn warum ändern was schon lange funktioniert hat. Um diesen Spalt zwischen neuen und alten Mitgliedern der Organisation zu schließen braucht es viel Geduld und guten Willen auf beiden Seiten. Im gemeinsamen Dialog muss eine gesunde Mischung aus dem Übernehmen vom Routinen durch die neuen, sowie einer Wertschätzung für das funktionierende Bestehende und dem Zulassen von Veränderungen und Ideen auf Seiten der Organisationsälteren, gefunden werden.
Dies wird bei den Wurzekwerken durch das bestehen einer fachlichen Hirarchie auf der theoretischen Wissens- und der Erfahrungswissensebene sicherlich erschwert, denn die drei „neuen“ sind noch Azubis. Dennoch denke ich, dass eine höhere Teamstabilität durch eine schnelle Übertragung von klar abgegrenzten mittel- oder längerfristigen Verantwortungsbereichen erreicht werden kann. Die Identifikation des Einzelnen mit der Organisation wird durch die Verantwortung für etwas „Eigenes“ erreicht und die Einzelnen können an ihren Aufgaben wachsen und sich hineinfuchsen.
Soweit meine schlauen Ratschläge 😉



















